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BFGjournal Einkommensteuer

Keine Werbungskosten bei Verwendung von Urlaubstagen für Fortbildung

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Nach § 16 Abs 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Unter „Aufwendungen und Ausgaben“ sind grundsätzlich alle Güter zu verstehen, die in Geld oder Geldwert bestehen; daher können auch Sachaufwendungen Werbungskosten sein.

Entscheidung: BFG 26. 6. 2018, RV/5101951/2015, Revision nicht zugelassen
Norm: § 16 Abs 1 ESt

Dem österreichischen Ertragsteuerrecht liegt der Grundgedanke der Besteuerung nach der persönlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zugrunde. Durch den Abzug von Werbungskosten soll das Nettoprinzip verwirklicht werden, indem der Besteuerung nur der Saldo zwischen Einnahmen und Werbungskosten zugrunde gelegt wird (§ 2 Abs 4 Z 2 EStG).

Nach § 15 Abs 1 EStG liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 EStG zufließen. Während der Begriff der „Einnahmen“ ein Zufließen bedingt, setzt der Begriff der „Werbungskosten“ einen Abfluss von Geld oder geldwerten Vorteilen voraus; wirtschaftlich muss es sich tatsächlich in einer Verminderung des Vermögens des Abgabepflichtigen auswirken.

Der Umstand, dass der Gesetzgeber in konkreten Einzelfällen – etwa aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung – pauschalierte Werbungskosten, bei denen die wirkliche Ausgabe des Abgabepflichtigen mit dem steuerlich berücksichtigten Aufwand nicht deckungsgleich ist, oder auch „fiktive“ Werbungskosten wie das Pendlerpauschale für Lohnzahlungszeiträume, in denen sich der Arbeitnehmer auf Urlaub oder im Krankenstand befindet, zulässt, ändert an dieser grundsätzlichen Auffassung nichts und liefert vor allem keine Begründung dafür, derartige Ausnahmeregelungen auf Fälle anzuwenden, die im Gesetz nicht ausdrücklich normiert sind (VwGH 20. 5. 1987, 86/13/0180, zu geleisteten, vom Arbeitgeber nicht bezahlten Überstunden).

Für nach der Generalklausel zu beurteilende Werbungskosten ist ein Abzug daher nur insoweit zulässig, als die Werbungskosten tatsächlich angefallen sind, weil jede Pauschalierung eine Ausnahme darstellt (Kohler/Gebhart/Lenneis, Das Einkommensteuergesetz [2015] § 16 Pkt 1.). Weder nicht vergütete Dienstleistungen bzw entgangene Einnahmen noch die Dispositionsmöglichkeit über die Zeit stellen demnach einen Bestandteil des Vermögens dar und können daher zu keinen Werbungskosten führen (VwGH 27. 2. 1990, 89/14/0288).

Strittig ist, ob die Verwendung von vier Wochen Urlaub im Gegenwert von 5.787,40 Euro als Eigenbeitrag zu Umschulungskosten als Werbungskosten abzugsfähig ist.

Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Urlaubsanspruch kann zwar als geldwerter Vorteil angesehen werden, doch führt die Verwendung eines Teils des Urlaubsanspruchs für Umschulungs- oder Fortbildungszwecke zu keinem Vermögensabfluss. Ob der Beschwerdeführer seinen Urlaub zum Teil für derartige Zwecke, zur Erholung oder für andere Aktivitäten verwendet, hat auf sein Vermögen tatsächlich keinerlei Einfluss.

Auch aus dem Grundprinzip der Besteuerung nach der persönlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ergibt sich, dass der Besteuerung das tatsächliche und nicht ein fiktives Einkommen zugrunde zu legen ist. Die fiktive Umrechnung eines für berufliche Zwecke verbrauchten Urlaubsanspruchs in einen Geldwert kommt daher nicht in Betracht.

Da fiktive Werbungskosten durch Verwendung von Urlaubstagen für berufliche Fortbildung bzw Umschulung weder von der Generalklausel nach § 16 Abs 1 Satz 1 EStG noch vom besonderen Tatbestand des § 16 Abs 1 Z 10 EStG umfasst sind, lagen im vorliegenden Fall keine Werbungskosten vor.

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